Predigt über Mt 2, 1-12 Epiphanias 2025
- 06.01.2025 , Epiphanias
- Superintendent Sebastian Feydt
Gnade sei mit euch und Friede von Gott und Vater
und dem Herrn Jesus Christus.
Liebe Gemeinde,
es ist eine gute Tradition hier in Leipzig, in der Thomaskirche, am Epiphaniastag einen Festgottesdienst zu feiern und heute Vormittag in einer so großen Gemeinschaft zusammen zu sein. Selbst, wenn um uns herum ein anderer Eindruck erweckt wird.
Gestern hörte ich in einem deutschsprachen Kultursender …in diesen ersten Tagen des neuen Jahres gilt es wieder klar Schiff zu machen. Das ganze Weihnachtszeug muss doch jetzt weg…
Wie wir hier zusammen sind ist ein Statement.
Es ist auch ein Bekenntnis.
Selbst, wenn ich vermute, dass auch wir mit unterschiedlichen Vorstellungen über den heutigen Feiertag heute unterwegs sind.
Epiphanias, Feste der Erscheinung des Herrn, wird es offiziell ausgewiesen.
Aber dann hörte ich an der Kirchentür:
Heute ist „Heilige drei Könige“.
Im heutigen Evangelium nach Matthäus suchen wir alle aber vergeblich nach drei heiligen Königen.
Dort ist aber wohl von Weisen, wortwörtlich von Magiern, aus dem Orient, die Rede.
Sie waren Zeiten-Deuter.
Leute, die wussten, was die Stunde geschlagen hat. Kluge Köpfe, die erkannten, was unsere Welt bedroht. Und - das ist noch wichtiger - sie wussten, was die Welt heilt und rettet.
Unmittelbar nach dem Stammbaum Jesu und der Verkündigung seiner Geburt ist das sofort die Botschaft im Matthäusevangelium:
Mitten unter uns gibt es Menschen, die uns orientieren können, die einen Blick dafür haben, was hilft, was heilt, wie wir unsere Welt zusammenhalten können.
Die Heilige Schrift ist hier bemerkenswert klar, wenn sie ganz klar zwischen Weisen und den Königen unterscheidet.
Denn erst nachdem die hoffnungsvolle Orientierung durch die Weisen erfolgt ist, kann die Königsgeschichte offenbart werden.
Das Evangelium erzählt ja schon von Königen.
Wohl gemerkt: aber von zwei Königen.
Zuerst benannt wird der neugeborene König. Nach ihm erkundigen sich die Weisen:
Wo ist der neugeborene König der Juden?
Wir haben seinen Stern aufgehen sehen
und sind gekommen ihn anzubeten.
Was für eine starke Orientierung, die uns die Fremden aus dem Osten hier geben!
Denn was vermitteln sie mit ihrer Frage?
Dass ein neues Zeitalter anbricht.
Ein neuer König ist zur Welt gekommen.
Das ist eine Zeitenwende ganz eigene Art.
Ein neuer Anfang ist gesetzt worden.
Und wir werden dazu genommen.
Es ist nichts, das im Verborgenen geschieht.
Alles ist von Anbeginn an sichtbar, strahlt… Himmlisch ist das.
Wir haben seinen Stern aufgehen sehen.
Das verstehen wir bis heute. Kennen es so.
Bleibt nur die Frage: Haben wir in den letzten Tagen mit der Feier der Geburt Christi an Weihnachten auch dieser Erfahrung gemacht?
Haben wir den Stern neu aufgehen sehen,
der mit Christus in die Welt kommt?
Ist uns ein Licht aufgegangen Weihnachten?
Wie sind wir heute aufgestellt in den ersten Tagen des neuen Jahres?
Neugierig, tastend, grundlegend orientiert und mit einem geistlichen Kompass unterwegs, wie die Weisen?
Sind wir auf der Suche nach einem neuen Aufbruch mitten in dieser so verrückt gewordenen Welt?
Oder sind wir viel mehr auf den zweiten König fixiert, von dem das Evangelium spricht? Das ist König Herodes.
Das erste, was wir von ihm erfahren, ist,
dass er Angst hat. So kann man einen Herrscher auch einführen und vorstellen:
Schreckhaft, angstbesessen.
Weil Herodes als König erschrickt, soll es mit ihm auch gleich ganz Jerusalem so tun.
So ist das, wenn kaltblütige Machthaber hören, dass ihre Macht begrenzt ist. Sie erzittern. Bekommen Angst. Angst um ihre Macht.
Und diese Angst scheint sich zu übertragen. Plötzlich sind viel erschrocken, wissen nicht, wie es weiter geht, was sie sagen sollen.
Liebe Gemeinde, hören wir, wie kritisch uns das Neue Testament hier über Herodes, aber auch die Menschen in der Stadt Jerusalem berichtet?
Herodes war nach allem, was wir wissen,
ein machthungriger König von Roms Gnaden.
Ein Mann, der ohne weiteres über Leichen ging, wenn seine Macht auf dem Spiel stand. Ein Massenmord an Kindern wird ihm nachgesagt. Aber eine blutige Spur nimmt ihren Anfang nicht erst bei dem Herrscher Herodes.
Vor ihm und nach ihm, bis zum heutigen Tag, zieht sich eine blutige Spur der Ermordung von Kindern und Frauen, Männern, von Menschen mit Einschränkungen, von Andersartigen, Andersgläubigen, Andersdenkenden durch unsere Welt:
als so genannte ethnische Säuberung,
als Eroberung, als Endlösung, als Vertreibung, als umgesetzte Remigration.
Diese Spur macht vor den Autokraten und gewaltbereiten Nationalisten und Extremisten heute nicht Halt, führt auf sie zu. Auch wenn sie – ähnlich wie es das Evangelium
beschreibt - in ihrer Angst vor dem Verlust ihrer Macht versuchen, sich von in religiösen Fragen kundigen Geistlichen oder Schriftgelehrten beraten zu lassen.
Heute sind es Patriarchen oder Prediger.
Der politische Missbrauch religiös begründeter Erkenntnisse ist immer noch deutlich zu sehen.
Wir müssen dafür nicht erst nach Russland schauen. Auch mitten in Europa und in den USA gibt es diese unheilige Allianz, mit der autokratisch beanspruchte Macht religiös abgesichert und unterstützt wird.
Um damit eine demokratisch verliehene, zeitlich und rechtlich begrenzte Macht als gelebte Verantwortung für das Gemeinwohl infrage zu stellen bzw. zu untergraben.
Das Evangelium orientiert uns, wo und wie unsere Welt bedroht wird.
Herodes ruft die Magier zu sich, damit sie ihn zu dem verheißenen neuen König führen. Stark, wie das Evangelium mit einem Satz am Ende diesen Vorgang durchbricht und die Weisen einen anderen Weg in ihre Heimat gehen lässt.
Umkehrung der besonderen Art ist das.
Sie gehen selbst reich beschenkt.
Das geschieht Weihnachten und Epiphanias: Umkehren, einen anderen Weg wählen.
Dem neuen Leben zu vertrauen.
Aus Schenkenden werden so Beschenkte.
Die Weisen sind es selbst, die hoch erfreut sind, als sie ihre Knie vor dem neuen König, dem menschgewordene Christus beugen.
Sehen wir, wie uns hier die Stärke und Intensität gelebter Spiritualität, aus einer aus meinem Herz rührenden Glaubenshaltung und Frömmigkeit ans eigene Herz gelegt wird?!
Das Evangelium sagt, was die Welt retten kann.
Dazu sind wir als Glaubende eingeladen!
Die Zeichen der Zeit zu erkennen.
Die Augen – auch in der größten Dunkelheit – offen zu halten für Menschen, die uns weise orientieren und mit uns vor dem hilflosen Kind demütig die Knie beugen wollen.
Gott im Menschen zu sehen und ihn darin anzubeten. Und nicht die Menschen zu vergöttern, die sich vermeintlich für Gott halten und sich als solche aufspielen.
In dem immer und immer wieder neu zur Welt kommenden Christus die neue Botschaft entdecken:
die Botschaft, dass die Gewalt am Ende aussichtslos ist, gelebte Liebe hingegen unabsehbar tragfähig bleibt.
Dass nicht die Skrupellosen, nicht die Cleveren, nicht die Populisten das Erdreich besitzen werden, sondern die Sanftmütigen und Freundlichen es zu mehr Gerechtigkeit und Frieden bringen.
Selbstverliebtheit und Selbstgenügsamkeit führen zu Frust und machen einsam.
Gelebtes Vertrauen, mein mutiges Gottvertrauen lässt mich innerlich stark und unabhängig und hoffnungsvoll werden.
Liebe Gemeinde, das ist die Botschaft des heutigen Feiertages. Das ist die Erleuchtung, die mir ein Licht aufgehen lässt heute:
Das Reich Gottes - mit dem zur Welt kommenden Jesu Christi mitten unter uns angebrochen - dieses Reich Gottes ist der Gegenentwurf zu den Reichen eines Herodes oder Augustus, oder zu den heutigen Vorstellungen neuer Weltreiche der vermeintlichen Machthaber.
Der in Jesus menschgewordene Gott ist der Antipode zu den Machtgeilen und Brutalen.
Er wird von Ihnen gesehen, er wird verhöhnt und verdrängt. Am Ende ans Kreuz gebracht. Aus gutem Grund war in der Kantate eben von der harten Kreuzesreise, von der bitteren Speisen, von den politischen Ungewittern gesungen.
Wir leben bis heute in dieser Spannung zwischen dem Machtanspruch der Einen
und der gelebten Macht, die von dem König aller Königreiche, von dem Heiland aller Welt ausgeht: Heiligkeit und Barmherzigkeit.
Der Heiland der Welt ist nicht aus der Welt zu bringen. Nicht einmal die brutale Gewalt bis ans Kreuz hat das vermocht.
Selbst dort siegt die Liebe über die Gewalt.
Also lassen wir uns heute orientieren.
Haben wir keine Angst!
Gehen wir getrost und zuversichtlich unseren Weg im neuen Jahr.
Zuversichtlich, weil wir doch ein starkes, hoffnungsgeladenes Bild vor Augen haben. Weil wir einen Stern aufgehen sehen.
Weil wir sehen, was unsere Welt bedroht.
Und weil wir glauben, darauf vertrauen, dass sie gerettet ist.
Deshalb:
In diesen ersten Tagen des neuen Jahres gilt es klaren Kurs aufzunehmen und zu halten:
Indem ich den Stern Gottes im Neuen des Lebens vor mir aufgehen sehe, nach Gott im Menschen – im Mitmenschen und im Fremden – suche. Und über allem Tun und Wirken nicht vergesse, mich von Gott begaben und beschenken zu lassen, ab und an mal in die Knie gehe. Amen
Der Friede Gottes…