Die wöchentlichen Motetten am Freitag und Samstag sind eine feste musikalische Institution. 1992 begann Georg Christoph Biller, in den Samstagsmotetten den gesamten erhaltenen Bach-Kantatenzyklus in chronologischer Reihenfolge und in Zuordnung zum entsprechenden Sonntag des Kirchenjahres durch den Thomanerchor Leipzig und das Gewandhausorchester Leipzig aufzuführen. Die regelmäßigen Aufführungen der Bach‘schen Passionen und des Weihnachtsoratoriums durch den Thomanerchor und das Gewandhausorchester ziehen neben den Motetten tausende Besucher in die Thomaskirche.

Der Thomanerchor
Der Thomanerchor, dessen Geschichte bis ins Jahr 1212 zurückreicht, ist die älteste kulturelle Einrichtung der Stadt Leipzig. 800 Jahre musica sacra prägt die Chorgeschichte, die alle politischen, städtischen, religiösen und schulischen Auseinandersetzungen überdauert hat. Durch das Wirken vieler Thomaskantoren, unter ihnen der bedeutendste, Johann Sebastian Bach (Thomaskantor 1723 bis 1750), wurden die Thomaskirche Leipzig und die Stadt zum Zentrum protestantischer Kirchenmusik. Der traditionsreiche Knabenchor hat seine Heimstatt in der Thomaskirche, der Hauptwirkungsstätte Bachs, und fühlt sich dessen Erbe besonders verpflichtet. Dennoch finden sich in den Programmen Chorwerke aus allen Epochen der Musikgeschichte von der Gregorianik bis zur Moderne. Die täglichen Proben bereiten die Motetten sowie die Gottesdienste in der Thomaskirche mit wöchentlich mehr als 2000 Zuhörern vor.
Im 20. Jahrhundert begann auch eine rege Konzerttätigkeit des Chores, die ihm zu weltweiter Berühmtheit verhalf. Heute ist der Thomanerchor eine feste Größe des deutschen und europäischen Musiklebens, als kultureller Botschafter ist er darüber hinaus weltweit gefragt. Regelmäßige Konzertreisen führten den Chor in Länder wie die USA und Kanada, Israel, China, Japan, Australien, Brasilien und Argentinien.
Der Thomaskantor
Der Thomaskantor ist der künstlerische Leiter des Thomanerchores Leipzig. Ihm obliegen heute die Durchführung der wöchentlichen Motetten freitags und samstags, die musikalische Gestaltung der Gottesdienste und die Aufführung der Bach’schen Passionen und des Weihnachtsoratoriums in der Leipziger Thomaskirche.
Johann Sebastian Bach war wohl der berühmteste aller Thomaskantoren. Er prägte den Thomanerchor 27 Jahre lang. Am 30. Mai 1723 erklang die Antrittskantate Johann Sebastian Bachs. Am 1. Juni 1723 wurde er in das Amt des Thomaskantors eingeführt, das er bis zu seinem Tode 1750 ausübte. Die Thomaner sangen vor allem in den beiden Hauptkirchen St. Nikolai und St. Thomas. Für die sonntäglichen Gottesdienste komponierte der Thomaskantor jede Woche eine neue Kantate.

Thomaskantor Andreas Reize
Andreas Reize ist der 38. Thomaskantor und der 18. nach Johann Sebastian Bach. Er wurde 11. September 2021 in das Amt eingeführt. Andreas Reize kommt aus Solothurn in der Schweiz und erhielt seine musikalische Grundausbildung bei den Singknaben der St. Ursenkathedrale Solothurn, dem ältesten Schweizer Knabenchor. Von 2007 bis Juli 2021 war er Leiter des Chores. Neben seiner Funktion als Leiter der Singknaben der St. Ursenkathedrale war er 10 Jahre Chordirektor des Zürcher Bach Chores und des Gabrielichors Bern.
Andreas Reize studierte Kirchenmusik und erwarb anschließend an der Schola Cantorum Basiliensis das Konzertdiplom für Orgel sowie das Diplom für Orchesterleitung.