Predigt über Kolosser 3,12-17

Die Predigt wurde im Festgottesdienst zur Konfirmation gehalten, in dem 45 junge Menschen konfirmiert wurden.

  • 07.05.2023 , 4. Sonntag nach Ostern – Kantate
  • Pfarrerin Britta Taddiken

Ansprache Konfirmation 7. Mai 2023 über Kolosser 3, 12-17

Liebe Gemeinde, liebe Konfis,

wer hat denn gestern die Krönung des englischen Königs geschaut? Teile? Ganz? Wow, na dann schafft Ihr auch diesen Gottesdienst! Da gab es ja einen Moment, da ging es kameratechnisch etwas diskreter zu. Als Charles III. gesalbt wurde. Stirn, Brust, Hände, Arme. Ein uraltes Ritual: Für alle soll sichtbar sein: Er ist der einzig wahre und rechtmäßige Herrscher, der als Gesalbter des Herrn seine Macht nicht Menschen, sondern allein der Gnade Gottes verdankt. Ihm sein Herrscherrecht streitig zu machen, verstößt nach dem Verständnis des Rituals gegen die göttliche Weltordnung. Es geht also darum, symbolisch alles Böse und Feindliche vom König fernzuhalten und ihn für seine Aufgabe zu stärken, ihn zu segnen und ihm etwas Gutes zu tun, es riecht wirklich sehr gut, dieses Chrisamöl. Fast 75 Jahre hat er sich darauf vorbereitet, ein ganz normaler Mensch wie Du und ich mit Macken, mit Segelohren, Hautproblemen, Rückenschmerzen – und einige Lebenskrisen hat er auch hinter sich. Aber er ist auch einer, der auf eine erstaunliche Art und Weise nahbar ist. Als ich ihn vor ein paar Jahren hier durch die Thomaskirche führte, war er voll und ganz bei der Sache und sehr höflich, weil er nicht über mein bisweilen  etwas putziges Englisch lachen musste. Ja, fand ich nett!

Warum erzähle ich das? Weil es heute bei Eurer Konfirmation im Grunde um etwas ähnliches geht. Nein, ihr werdet heute nicht zu Königinnen und Königen gekrönt. Ihr habt Euch auch nicht 75 Jahre vorbereiten müssen. Und eigentlich schade, die Salbung gibt es zumindest in unseren Breiten bei der Konfirmation nicht, bei der katholischen Firmung schon.

Gleich und letztlich entscheidend bei dem Krönungsritual und der Konfirmation sind zwei andere Dinge: der Segen für Euren Lebensweg und alles, was Euch darin geschehen wird. Und das Bekenntnis, sein Leben aus der Taufe heraus gestalten zu wollen. Charles trug bei seiner Salbung ein einfaches weißes Gewand, eine Albe, ein bisschen so wie das hier (Alba der Leipziger Pfarrerinnen). Im Grunde ist das ein Taufkleid und in manchen evangelischen Gemeinden tragen auch die Konfirmanden weiß. Der Getaufte, Gesalbte, Gesegnete bekennt sich, indem er sich in die Christusfarbe hüllt: Ich bin bereit, alles, was ich sage und tue im Bewusstsein zu tun: Ich bin getauft! Ich gehöre zu Jesus Christus im Leben, im Sterben, im Tod und darüber hinaus. Ich bin „bewahrt zum ewigen Leben“, das wird gleich in Eurem Konfirmationssegen über Euch gesprochen.

Die Bibel nennt das: Leben als neuer Mensch. Ein Mensch, der weiß: Wenn ich mich an Jesus Christus halte, an seine Worte, an seine Taten und daran, dass er unserem Tod die letzte Macht über uns genommen hat, dann liege ich erstmal grundsätzlich richtig. Egal, ob ich König von England bin oder Konfirmandin, Konfirmand der Thomaskirche Leipzig. Und ihr habt das vielleicht noch im Ohr, was Ute vorhin gelesen hat aus dem Kolosserbrief. Ein paar Ratschläge, was man sich denn als neuer Mensch so für Kleidungsstücke zulegen sollte. Gute Sachen, in die man vielleicht nicht gleich und nicht immer reinpasst, wo aber das Ziel ist: Sie sollen eigentlich sitzen wie eine zweite Haut. Schauen wir noch mal kurz drauf und gehen sie durch:

So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, als die Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld;

Tja, vielleicht sollten wir uns das wirklich konsequent angewöhnen: Wenn wir uns morgens vor dem Kleiderschrank ein Outfit zusammenstellen, dass wir überlegen: Was ziehe ich unsichtbar davon noch drüber, was ist heute besonders nötig bei dem, was ich vorhabe und was tut vor allem mir gut dabei: mir zu sagen: Ich bleibe freundlich, ich habe Geduld – und ich mache mich nicht von dem Verhalten der anderen abhängig. Wie gesagt: In diese Kleider muss man immer wieder reinwachsen. Und - kleiner Tip von mir: Wenn ihr nicht genau wisst, was von diesen Kleidern des neuen Menschen ihr für den Tag auswählen sollt: Nehmt das, was Euch am schwersten fällt. Denn da ist die Chance groß, dass es anderen genauso geht. Und dann ist es nämlich genau das, was diese Welt am meisten braucht. Und wenn mehrere das so machen, dann wird das in dieser Welt nicht unbemerkt bleiben. Vielleicht Demut. Das heißt eigentlich „dienstmütig“ – Mut zu haben, mal Sachen zu machen, die ausschließlich den anderen dienen. Ein Rat, den Jesus immer denjenigen gibt, die ihn fragen: Wie kann ich selig werden? Kann man mal drüber nachdenken, bei uns heute geht es ja eher in eine andere Richtung: Du musst doch vor allem an Dich denken! Nur: Dann wird schwerlich wachsen, was dann in den Ratschlägen für den neuen Menschen folgt:

13 und ertrage einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! 14 Über alles aber zieht an die Liebe, die da ist das Band der Vollkommenheit.

Das ist vielleicht die schwerste Aufgabe als neuer Mensch: auch den Unerträglichsten zu ertragen. Wo sich alles in mir wehrt. Aber ihr erinnert Euch vielleicht. Jesus sagt ja: Die gut finden, die mich gut finden. Geschenkt. Kann jeder. Aber mit denen klarkommen, die es mir schwierig machen: schwer. Aber angemessen. Ich sag mir immer: Jesus sagt, ich soll meine Feinde lieben. Aber ich muss sie nicht mögen. Davon steht da nämlich nichts. Schwer!!! Gut, dass hier noch von einem weiteren, zart gewebten Stück Textil die Rede ist, das ich noch als weitere Schicht überziehen möge: das Band der Liebe. Das allerdings hat überhaupt nichts mit dem berühmten „Mäntelchen der Liebe“ zu tun, das Konflikte zudeckt. Sondern es ist das Band, das alles zusammenhält: was ich versuche und wo ich scheitere mit meinem Outfit als neuer Mensch. Und es macht gerade möglich, was dieser Welt und unserer Gesellschaft im Moment so schwerfällt: Dass wir kritisch miteinander umgehen können - aber ohne hate. Und dass wir die T-Shirts aus unserem Schrank wegwerfen können, auf denen steht: „Ich, ich, ich“ oder „Ihr seid alle Vollidioten“. Wegwerfen die Dinger. Nicht in die Kleidersammlung!

Und warum können wir zuversichtlich ans Werk gehen, dass das trotz aller Schwierigkeiten ein erfolgreiches Projekt sein wird, unseren Kleiderschrank so zu ordnen und aufzuräumen? Das kommt im Text ganz am Ende und ich kann Euch beruhigen, auch am Ende dieser Predigt:   

15 Und der Friede Christi, zu dem ihr berufen seid in einem Leibe, regiere in euren Herzen; und seid dankbar. 16 Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen.

Es ist der „Friede Christi in unserem Herzen“, der uns letztlich dazu motiviert und bewegt, der uns immer wieder neu aufrichtet. „Friede sei mit Euch“, auch das kommt in Eurem Konfirmationssegen vor. Es ist der biblische Gruß des Auferstandenen an seine Jünger, der immer eines macht mit ihnen: Sie können umgehen mit dem, was ihnen Angst macht und was sie zwischendurch in allem alltäglichen Stress und den ganzen Kleinkriegen und womit auch immer wir uns völlig überflüssigerweise beschäftigen und was uns Lebenszeit ohne Ende klaut. Es ist der Gruß des Auferstandenen nicht von ungefähr: Von dem einzigen Menschen, der schon ganz und gar der neue Mensch ist. Der das weiße Kleid nicht mehr ablegen wird. Er ist in einem neuen Leben bei Gott. Und das ist am Ende unser aller Ziel, die wir uns zum christlichen Glauben bekennen.

Wie lange auch immer wir leben werden als gesegnete Konfis der Thomaskirche oder als   König von England. Der hat ja gute genetische Voraussetzungen, dass er vielleicht noch 20 Jahre als Gesalbter schafft, wünschen wir es ihm doch. Euch aber wünsche ich noch viel mehr, liebe Konfis. Macht weiter, der christliche Glaube ist keine alte Klamotte für den Müll, auch wenn wir ihn manchmal nur sehr unzureichend und durchschnittlich vermitteln können, wie das manchmal in den knapp zwei Jahren passiert ist bei all den äußeren Widrigkeiten wie Corona und Co, die ihr und wir zu ertragen hattet. Wir waren gern mit Euch unterwegs und wir haben auch eins immer wieder gern mit Euch getan und das ist nun wirklich das Letzte, das Allerletzte von der Liste von den Ratschlägen für den neuen Menschen und es hat zu tun mit dem heutigen Sonntag Kantate: „Singt Gott in Euren Herzen.“ Singt, ja, und zwar völlig wurscht, ob ihr den Ton trefft oder nicht. Denn vielleicht resultiert aus der Tatsache, dass wir (die Thomasser können weghören) zu wenig im Alltag singen, ein Riesenproblem für unsere Gesellschaft. Verkürzt gesagt, anwesende Neurologen vielleicht bitte auch lieber weghören: Unsere Gehirne funktionieren immer nur in einem bestimmten Schaltkreis. Wenn ich hochemotional bin, richtig sauer und voll in Fahrt und mir sagt einer: Nun sei doch mal vernünftig – na ja, da kriegt der wahrscheinlich keine besonders nette Antwort. Denn ich schaffe es nicht ohne weiteres, in den Schaltkreis der Vernunft umzuschalten. Oder ich vergesse total, dass ich mir morgens ja z.B. das Gewand „Sanftmut“ angezogen habe. Das Krasse ist: Singen ist ein Mittel dazu, dieses Umschalten hinzubekommen. Deshalb singen wir auch immer wieder zwischendurch im Gottesdienst und vielleicht sollte man das gelegentlich auf der Arbeitsstelle oder in der Schule tun. Aber auch unter der Dusche reicht vollkommen aus, entscheidend ist, wie immer im Leben: Anfangen und es selbst tun!

Liebe Konfis, liebe neue Menschen: Gott segne alle Eure Wege durch dick und dünn. Denn der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, der wird unsere Herzen und Sinne bewahren in Christus Jesus. Amen.

Britta Taddiken, Pfarrerin an der Thomaskirche, taddiken@thomaskirche.org