Predigt über Genesis 35,16-29

  • 06.04.2025 , 5. Sonntag der Passionszeit - Judika
  • Pfarrer i.R. Bernd Frauenlob

PDF zur Predigt HIER

Hinführung vor der Lesung:

Jakob saß auf der Heimreise zu seinem Vater in Sichem fest.
Seine Tochter Diana war dort verge- waltigt worden u. Jakob hatte seine Aufsichtspflicht verletzt.
Seine Söhne rächten die Schändung
ihrer Schwester mit einer maßlosen Bluttat an den Bewohnern von Sichem.  Auch das konnte Jakob nicht verhin-
dern.

Die umliegenden heidnischen Städte
waren über die Gewalttat der Brü-
der Dianas darüber empört.
Sie waren entschlossen, die gesamten Familie Jakobs zu vernichten.
Eine aussichtslose Situation war für
den Erzvater eingetreten.  

In dieser Situaton griff Gott ein
durch sein Wort.
Er sprach zu Jakob:
„Mach dich auf und zieh nach Bethel
u.laß dich dort nieder u. errichte dort einen Altar dem Gott, der dir erschien, als du flohest vor deinem Bruder Esau.“

Jakob war offensichtlich tief bewegt, dass Gott nach seinem Versagen ihn
nicht aufgab und wieder mit ihm sprach.

Er schöpfte daraus Kraft und ermutigte
seinen Anhang , sich von allen noch vorhandenen Götzen zu trennen.
Das war verbunden mit einer inneren Reinigung und aufrichtigen Buße.

Nachdem die Beziehung zu Gott wie-
der hergestellt wurde, brach Jakob mit seinem Anhang nach Bethel auf.

Er und seine Familie machten dabei wunderbaren Erfahrungen:


Gott ließ durch seinen Geist einen Schrecken über die angriffsbereiten
Städte kommen, sodass diese Gefahr vorüber war.

Das Wiedersehen mit dem Ort Bethel
war für Jakob tief bewegend.
Er baute dort einen Altar, um Gott von Herzen zu danken.  
Doch es gab auch ein sehr schmerzliches Ereignis für Jakob:
Die Amme seiner Mutter Rebekka,
mit der auch  er tief verbunden war,
starb in Bethel.
Sie erhielt ein würdiges Begräbnis.

Es bestand aber die Gefahr, dass die Trauer zu  einem Stillstand führen würde.
Wieder griff Gott ein durch sein Wort.

Wir hören es als Lesung:
1. Mose 35,9-15.


Liebe Gemeinde,
in der Lesung haben wir gehört,
wie Gott den Jakob segnete,
ihm seinen Ehrennamen bekräftigte
und die Verheißungen wiederholte:
Ein großes Volk wird aus seinen Nach- kommen entstehen und das Land wird
ihnen gehören.  
Dazu kam eine wichtige Ergänzung:
„Sogar Könige werden von dir abstam- men“
Wunderbar hat sich dies erfüllt!
Das spätere Israel wurde von unter- schiedl. Königen regiert - wie David
und seine Nachfolger -
bis ein Engel der Maria einen einzig-
arrtigen König angekündigte:
(Luk 1,31-33)
„Siehe, du wirst schwanger werden
 Sohn gebären u. du sollst ihm den
Namen Jesus geben.
Der wird groß sein u. Sohn des
Höchsten genannt werden;
u. Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vater David geben,
u. er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit,
und sein Reich wird kein Ende haben.“

Diese Verheißung gab Josef u. Maria
die Kraft, aus Nazareth  aufzubrechen,
um nach Bethlehem zu ziehen.

So ähnlich war es auch bei Jakob:
Gottes erneute Zusage ermutigte ihn,
mit seinem großen Gefolge die Heim-
reise zu seinem Vater in Hebron fort- zusetzen:   (V.16a)
„Sie brachen auf von Bethel.“

Solche Aufbrüche ereignen sich auch
noch heute. Landesbischof Bilz schrieb
in einem Rundbrief:
„Wenn das Wort Gottes auf die Situati-
on trifft, schlägt es Funken - ich denke
hier an hoffnungsvolle Aufbrüche.“
Mir fiel dazu ein erster Leitgedanke ein:
GROSSE FREUDE – DENN GOTT HAT GROSSES NOCH VOR !
DESHALB: AUFBRECHEN!

Da ist ein junger Familienvater.
Er hatte ein naturw. Studium erfolgreich abgeschlossen. Leider fand er in Leipzig
keine Anstellung in seiner Fachrichtung.
Um die Familie über Wasser zu halten, mußte er in Kaufhallen Regale auffüllen und andere Hilfsarbeiten verrichten.
Gemeinsam mit seiner Frau betete er um eine Lösung.
Da bekam er einen Ruf aus der Lausitz. In einer kleinen Firma wurde ihm eine attrak- tive Arbeit angeboten.
Mit seinerer Familie brach er auf. Auch seine Frau fand dort eine gute Arbeits- stelle und sie sind darüber glücklich.  

Das 2. Beispiel: Eine alleinstehende Frau. Sie kam durch eine Evangelisation zum Glauben u. ließ sich taufen. Jede Woche fuhr sie für einige Tage als Dozentin in eine nord- deutsche Universität.
Gleichzeitig übernahm sie Dienste in ihrer
Leipziger Kirchgemeinde. Das wurde zuviel.
Da brach  sie zu einer neuen beruflichen
Existenz auf u. wurde Lehrerin an einer ört-
lichen Berufsschule. Dabei macht sie frohe
Erfahrungen mit jungen Menschen.

Das 3. Beispiel: Ein lediger Mann
Er ist Arzt u. zugleich freischaff. Komponist.
Die Freizeit nutzt er oft zum komponieren.
Vor etwa 2 Jahren fand er ebenfalls zu einem lebendigen Glauben u. schrieb eine Kantate
über ein bekanntes Kirchenlied. Leider war die Aufführung des Werkes enttäuschend.
Dennoch wurde er eingeladen, die Kantate in
einer anderen Kirche noch einmal aufzuführen.
Der Komponist überarbeitete sein Werk u. es
wurde in der Gemeinde dankbar aufgenommen.
Darüber hat sich der Mann sehr gefreut.

Sicher haben Sie, liebe Gemeinde, ähnlich segensreiche Aufbrüche vor Augen.
Unser Jakob war zuversichtlich nach
Hebron aufgebrochen.
Würde diesmal alles gut gehen?
Wir erahnen weitere Prüfungen.
Darauf soll uns der nächste Leitge-
danke schon vorbereiten:
GROSSE FREUDE, DENN GOTT
HAT NOCH GROßES VOR:
DESHALB NICHT VERZAGEN!
Pötzlich stoppte der Zug. Jakobs heiß-
geliebte Frau Rahel war hochschwan-
ger und intensive Wehen setzten ein.
Rahel hatte bislang nur den Josef ge-
boren. Sie wird sich auf das 2. Kind
sehr gefreut haben.

Doch es kam anders:
Bei einer schweren Geburt starb Rahel.
In den den letzten Atemzügen nannte
sie das Kind: Ben-Oni, Kind des
Schmerzes oder Kind des Unglücks.

Für Vater Jakob muß dieser Verlust
sehr bitter gewesen sein.
Als er nach Mesopotamien kam,
fand er Rahel als seine große Liebe.
Fast 30 Jahre war sie mit ihm durch
dick  und dünn gegangen.

Jakob wollte jedoch nicht, dass das
Kind lebenslang durch diese tragische Geburt belastet wird. Deshalb nannte
er es Benjamin - Kind des Glücks.

So erfüllte es sich auch: Jakob war mit
seinem jüngsten Sohn lebenslang ver- bunden. Benjamin trug zur Versöhnung zwischen Josef u. seinen Brüdern bei.
Der Stamm Benjamin spielte später
eine besondere Rolle im Volk Israel.

Jakob wird Rahel nie vergessen haben
und richtete ein Denkmal für sie auf.
Er wird sich gefragt haben:
Warum hat Gott das zugelassen?
Da ist es nicht einfach, zu bedenken,
dass Gott keine Fehler macht.
Im Rückblick ahnen wir jedoch:
 
Rahel wurde schweres Leid erspart:
O Die Halbrüder von  ihrem Sohn Josef verkauften ihn nach Ägypten und logen dem Vater vor, ein wildes Tier hätte ihn zerissen.
O Benjamin wurde später auf eine gefährliche Reise nach Ägypten geschickt, um seine Brüder aus der Geiselhaft zu befreien.

Noch etwas ist bemerkenswert:
Benjamin wurde auf dem Weg nach Efrata, dem späteren Bethlehem, geboren.
Der Ort sollte später durch eine ganz andere Geburt weltberühmt werden. Schon 700 Jahre v. Chr. prophezeite der Prophet Micha:
„Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“  (Micha 5,1)
O Der versprochene König aus Davids Linie sollte aus der ewigen Welt kommen, um in Bethlehem als Sohn der Maria eine menschliche Gestalt anzunehmen.
O Der Sohn Gottes wurde zugleich der Menschensohn.
O Er gab sein Leben als Lösegeld für viele.
O Er hat ihnen durch sein stellvertr. Leiden u. Sterben am Kreuz alle Schuld abgenommen.
O Er hat sie freigekauft von allen Besitzansprü- chen finsterer Mächte, nicht mit Silber u. Gold, sondern mit seinem Blut.
O Er hat sie damit zu Kindern Gottes und Erben seine Reiches gemacht.

Maria brachte ihr Kind in großer Armut zur Welt -
O Durch ihre Seele sollte später ein Schwert gehen.
O Es war auch für sie ein Kind des Schmerzes.
O Doch nach der Auferstehung Jesu wurde er
für sie zu einem Kind unermeßlichen Glückes.

Davon hatte Jakob noch keine klaren Er- kenntnisse.
O Doch er vertraute darauf, dass aus seinen Nachkommen ein großer König zum Heil der Welt hervorgehen würde.
O In diesem Vertrauen auf Gottes Verheißun-
gen ist er uns ein Vorbild.
Im Gottvertrauen zog er weiter. (35,21-29)
Der Troß kam nach Migdal-Eber, über-
setzt „Herdenturm“, wo man Unter-
schlupf fand.
Was wird Jakob hier erwarten?
Ruben ging hin legte sich zu Bilha,
seines Vaters Nebenfrau. Und das kam
vor Israel.“  (V.22)
Die Schandtat wird den Vater sehr  ge- schmerzt haben. Seinen ältester Sohn
hatte ihn tief enttäuscht.
Als Jakob am Ende seines Lebens die
12 Söhne segnet, entzieht er Ruben
deshalb alle Rechte als Erstgeborener.

Jakob ließ sich jedoch von diesem
Vorfall nicht aufhalten u. setzte zügig
die Heimreise fort.

Wie hat Ruben selbst reagiert?
Er hätte aus lauter Scham davonlaufen können. Das tat er nicht. Wahrschein-
lich hat er sogar seine Rolle als Ältester weiter wahrgenommen.
Luther bemerkt dazu:
Dies wird uns darum vorgehalten,
dass dadurch die unendliche Langmut
u. unschätzbare Gnade u. Barmherzigkeit
Gottes gerühmt u. gepriesen werde,
damit niemand seiner großen Sünden
willen erschrecke und verzage.  

Rubens Versagen wirkte sich noch
ganz anders aus:
Vermutlich pflegte Jakob keine intimen Beziehungen mehr mit seinen Frauen,
denn in den folgenden Versen werden
die 12 Söhne Jakobs aufgelistet. Bei
dieser Zahl sollte es bleiben.
Gott kann menschliches Versagen in
seine Pläne einbauen; er schreibt auf krummen Zeilen gerade.

Die Ereignisse auf Jakobs Weg zeigen:
Auf einem hoffnungsvollen Aufbruch
folgen oft harte Ereignisse, in denen
sich der Glaube bewären muß.

Das erlebten auch die drei erwähnten Christen:

Der junge Familienvater brachte sich in
die neue Gemeinde ein und wurde in den
Kirchenvorstand berufen.
Das dortige Kircheninnere muß  völlig neu gestaltet werden. Die Meinungen prallen aufeieinander - böser Streit entsteht. Doch der Vater will nicht fliehen, sondern ausharren.  

Die  erwähnte Frau empfing beim Dienst
in der Gemeinde viel Freude, doch sie erlebte auch Neid, Ausgrenzung u. Lieblosigkeit. Dabei lernte sie auf schmerzliche Weise:
Auch unter Christen regt sich noch der alte
Mensch. Doch sie möchte die Spannungen aushalten.

Der begabte Komponist fuhr nach dem festlichen Gottesdienst wieder zur Arbeit ins Krankenhaus. Es befriedigt ihn, Menschen helfen zu können. Doch Intrigien von Kollegen und widrige Arbeitsbedingungen bleiben ihm nicht erspart. Doch auch er will nicht aufgeben, sondern ausharren, wo ihn Gott hingestellt hat.


Wie ging es bei Jakobs Reise weiter?
Ob nun endlich Ruhe einzieht?
Hören wir V.27:
„Jakob kam zu seinem Vater Isaak nach Mamre, das ist Hebron, wo Abraham u. Isaak als Fremdlinge gelebt hatten.“
Isaak hatte Jakob vor der Flucht nach Mesopotamien gesegnet.
Nach fast 30 Jahren durfte er erleben:
Gott erfüllt wunderbar seine Zusagen.
Sein Segen gilt, auch wenn manches
schief läuft.

Mit einer großen Familie u. zahlreichen
Viehherden war Jakob zurückgekehrt.
Er war auch innerlich gereift, hatte Geduld u. Gottvertrauen gelernt.
Nun durfte er noch einige glückliche u.
ruhige Jahre mit seinem Vater erleben.


Das führt zu unserem 3. Leitgedanken:
GROSSE FREUDE, DENN GOTT
HAT GROSSES NOCH VOR!
DESHALB: ZUR RUHE KOMMEN!

Die von Gott geschenkte Ruhe zeigte
sich beim friedlichen Heimgang von
Jakobs Vater Isaak:
Darauf weisen die V. 28.29 hin:
„Und Isaak wurde 180 Jahre alt, ver-
schied u. starb u. wurde versammelt zu seinen Vätern, alt und lebenssatt. Seine Söhne Esau u. Jakob begruben ihn.“
Esau kam aus dem Gebirge Seir dazu,
um Isaak die letzte Ehre zu erweisen.

Ansonsten blieb Esau ein rein weltlich
eingestellter Mensch:
Das folgende Kap. listet seinen gesam-
ten Stammbaum auf, doch er markiert
nur das Ende einer Ära. Sie ist wie
vom Winde verweht. Es ist dennoch zu
hoffen, dass auch Esau u. einige seiner Nachkommen das ewiges Leben
ererben.

Bei Isaak u. Jakob gibt es dazu nicht
nur eine vage Hoffnung,
sondern eine feste Gewißheit:
Das geht au den Worten hervor,
die Jesus zu den Pharisäern sprach:
„Habt ihr nicht gelesen von der Auferstehung der Toten, was euch
gesagt ist von Gott er da spricht:
Ich bin der Gott Abrahams u. der
Gottes Isaaks u. der Gott Jakobs.
Gott ist nicht ein Gott der Toten,
sondern der Lebenden.  (Mt 22,31-33)

Gott hatte bereits diesen Urvätern das
ewige Leben geschenkt. Er hat auch
uns dazu erwählt. Gottes Handeln hat
eine weltweite Dimension, denn Jesus
kündigte außerdem noch an: (Mt 8,11)

„Viele werden kommen von Osten und
von Westen u. mit Abraham u. Isaak u.
Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen.“

Bei uns erscheinen Christen oft nur als
eine Minderheit. Am Ende sind es jedoch unendlich viele. Sie gehören nach der Offb des Johannes zu einer großen Schar,
„...die niemand  zählen konnte, aus allen Nationen u. Stämmen und Völkern und Sprachen, die standen vor dem Thron und riefen mit großer Stimme: 
das Heil ist bei dem, der auf dem Thron sitzt, unsern Gott, u. dem Lamm.“
(Offb  7,9)

Die Erlösten werden ewigen Frieden mit Gott finden – eine schöperische Ruhe.
Deshalb heißt es im Hebräerbrief:
„Es ist also noch eine Ruhe vorhan-
den für das Volk Gottes.“   (Hebr 4,9)
Es ist eine Ruhe und ein Frieden, den
Gott uns schon hier und heute im Glauben schenkt. Wir brauchen ihn in der Unruhe dieser Welt.
In diesem Frieden finden wir die Kraft, uns einzusetzen im Dienst für Gott und unseren Mitmenschen.  Amen