Predigt im NachtEulenGottesdienst

  • 22.03.2020 , 4. Sonntag der Passionszeit - Lätare
  • Pfarrer Martin Hundertmark

„Du musst jetzt stark sein.“ Diesen Satz, liebe Gemeinde, höre ich oft in Zeiten der Anfechtung oder Bedrohung.

Aber geht das denn so ohne weiteres?

Stark sein, wenn gerade alles zusammenbricht?

Für andere Menschen ein da sein, weil sie noch schwächer sind?

Wir brauchen jetzt Stärke, keine Frage. Besonders brauchen wir sie dort, wo es um Menschenleben geht. In den Krankenhäusern kommt das Personal irgendwann an seine Grenzen, weil Menschen keine Maschinen sind.

Stärke kann man leider nicht verordnen.

Was wir aber können, ist, zur Stärke ermutigen. Dafür braucht es einen guten Grund bzw. ein tragfähiges Fundament.

Ich bin fest davon überzeugt und glaube aus tiefem Herzen, dass uns Gott im Leiden nicht aus den Augen verliert. Er steht den Schwachen zur Seite, den Sterbenden und denen, die sich mit ihrer Lebenssituation gerade überfordert sehen. Und er steht den Starken zur Seite.

Der heutige Sonntag „Lätare“ markiert die Mitte in der Passionszeit. „Freuet euch“ steht über dem Sonntag, der deshalb auch als kleines Osterfest gefeiert wird. Freude in schwieriger Zeit?

Auch das braucht Kraft - oder Gewissheit, dass mich z. B. nichts trennen kann von der Liebe Gottes. So schreibt es Paulus im Korintherbrief.

Dort lassen sich auch folgende Worte finden,

die uns vor Augen führen, was jetzt wichtig ist.

„Und der Herr hat zu mir gesagt:

Lass dir an meiner Gnade genügen;

denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit.“

Welch großartiges Evangelium, liebe Gemeinde. Denn das heißt doch nichts anders, als dass Christus mich auch durch schwere und unübersichtliche Zeit trägt. Seine Zuwendung reicht aus, damit ich mich hinwenden kann zu denen, die jetzt Hilfe brauchen. Selbst mit kleinster Kraft, die ich persönlich gar nicht als solche wahrnehme, sondern eher als Schwäche definiere, vermag ich etwas auszurichten.

Denn dort, wo ich mich schwach fühle, zeigt sich diese zuwendende Kraft in besonderer Weise und wird zur Stärke.

 Wir werden noch einen schweren und langen Weg durch die Coronakrise mit einschneidenden Veränderungen vor uns haben.

Damit nicht zu viele auf der Strecke bleiben, brauchen wir neben Mitgefühl auch und besonders die Bereitschaft, sich selber zu beschränken. Dabei den Kopf klar und kühl halten, ist ein erster Ansatz.

Die beiden Frauen Lydia und Katharina aus der kleinen Szene dürfen uns ein gutes Beispiel sein.

Sie haben im jeweiligen Moment getan, was ihnen ihr Herz befahl und was richtig war gegenüber ihren Nächsten. Wenn es auch manchmal zum Verzweifeln war, zweifelten sie nicht an ihrem Glauben.

 

Die von Gerhard Schöne gedichtete Choralverszeile zeugt von jener paulinischen Gewissheit, die damals auch Lydia beeindruckte.

„Und wenn ich ganz unten bin, weiß ich dich an meiner Seite, Jesu, meine Freude.“

Mögen alle, denen die Angst momentan über den Kopf wächst, in ihrem Herzen die Erfahrung machen, dass sich die Kraft Christi auch in unserer je eigenen Schwachheit vollendet.

Kann das trösten?

Ich hoffe. Zumindest ist solche Zusage eine ungemeine Entlastung. Denn sie lastet nicht alles auf meine eigenen Schultern. Vielmehr darf ich mich in Momenten der Schwäche hineinbegeben in die Stärke Jesu Christi.

Auch davon wusste Paulus und schreibt am Ende des Verses.

„Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne.“ 2. Korinther 12,9

So will ich den Anfangssatz getrost umformulieren. „Du darfst jetzt stark sein, weil es jemanden gibt, der dich in deiner Schwachheit trägt.“

Das, liebe Gemeinde, weckt in mir Freude. Amen.