Motettenansprache zur Gedenkmotette für Martin Petzold

  • 01.09.2023
  • Pfarrer Martin Hundertmark

Ansprache zur Gedenkmotette für Martin Petzold am 1. September 2023 um 18 Uhr, St. Thomas zu Leipzig

 

Liebe Familie und Freunde von Martin Petzold, liebe Motettengemeinde,

vielfältig und bunt gemischt sind die Erinnerungen an Martin, wie wir eben eindrücklich gehört haben. Vor unserem inneren Auge ziehen heute Begegnungen vorbei und verblasste Gespräche bekommen wieder einen Hauch Farbe. Diejenigen, die Martin Petzold kannten und mit ihm zusammenarbeiten durften, werden sich glücklich schätzen für die gemeinsam gegangene Wegstrecke. Stets war ihm wichtig, dass die Verkündigung des Evangeliums nicht zu kurz kommt und dass Glaube im Alltag gelebt werden kann.

Wo Zeiten dunkel sind und Gedanken finster, braucht es Licht und helle Momente. Das Lichtmotiv spielt in der Bibel vom Anbeginn an eine zentrale Rolle. Gott bringt Licht ins Chaos der Welt und bändigt die zerstörerischen Kräfte. „Das Licht kommt in die Finsternis aber die Finsternis hats nicht ergriffen“ schreibt der Evangelist Johannes zu Beginn seines Evangeliums. Johann Sebastian Bach hat in der

5. Kantate des Weihnachtsoratoriums die folgende Choralstrophe eingebaut

„Dein Glanz all Finsternis verzehrt,
Die trübe Nacht in Licht verkehrt.
Leit uns auf deinen Wegen,
Dass dein Gesicht
Und herrlichs Licht
Wir ewig schauen mögen!“

 

Gottes schöpferische Kraft vermag es die Verhältnisse umzukehren. Zu jeder Freitagsmotette wird davon im Magnificat gesungen. Das Niedrige wird nicht in den Dreck getreten, sondern emporgehoben.  Unvorstellbares wird möglich dem, der sein Vertrauen und sein Leben Gott schenken kann. Dabei werden Zweifel ebenso Wegbegleiter sein wie Erschütterungen, wenn Krankheit, Not, Tränen oder Tod ins Leben einbrechen.

Wer erleben muss, dass eigenen Kräfte schwinden, obwohl man noch so viel vor hatte, geht einen schweren Abschnitt auf seinem Lebensweg. Da dürfen Herz und Seele auch wütend sein und mit Gott hadern. Deshalb die Fürbitte, um die rechte Begleitung hin zum Ziel unseres Lebens. Dieses Ziel werden wir in der Begegnung mit Gott in der so ganz anderen Wirklichkeit finden. Dort wird sich unser so oft fragmentiertes Leben als wunderschöner und farbenfroher Stein in ein großes Mosaik einfügen.

 

In besagter Kantate aus dem WO, lässt Bach

die Basstimme dann mit der eben gehörten Arie antworten.

Erleucht auch meine finstre Sinnen,
Erleuchte mein Herze
Durch der Strahlen klaren Schein!
    Dein Wort soll mir die hellste Kerze
    In allen meinen Werken sein;
    Dies lässet die Seele nichts Böses beginnen.

 

Liebe Motettengemeinde,

wir brauchen dieses unsere Herzen erleuchtende Wort dringender denn je. Denn als Menschen erliegen wir allzu schnell der Versuchung nur auf den eigenen Vorteil bedacht zu sein und richten danach unsere Werke aus. Gott will durch seinen Sohn Jesus Christus die Herzenskammer erleuchten. Nicht, um uns Angst zu machen, sondern um es dort hell werden zu lassen,

damit wir leben können,

damit wir Frieden finden mit uns selbst,

damit Freude wachsen und ansteckend auf unsere Mitmenschen wirken kann.

Wo sich eine Gesellschaft ihrer geistlichen Wurzeln beraubt, haben es die finsteren Mächte leicht und können alles durcheinanderwirbeln.

Deshalb ist Bildung so ungemein wichtig, Bildung des Verstandes zum selbstständigen Denken und Bildung des Herzens zum angstfreien Glauben. Daraus erwächst jener Mut, der nötig ist, um Zukunft zu gestalten und Neues zu wagen. Martin Petzold war für neue Ideen immer aufgeschlossen und hat sie mit seinen Talenten unterstützt. Wie dankbar bin ich, dass er uns die Nachteule für die NachtEulenGottesdienste gezeichnet hat, um nur eines von zahlreichen Beispielen zu nennen.

Trotz rauer Abschnitte auf dem eigenen Lebens- und Glaubensweg hat Martin Petzold seine Zuversicht nicht verloren und dankenswerterweise auch nicht seinen Humor wie der Weihnachtsgruß des letzten Jahres zeigt. Viele seiner Gedanken waren von Dankbarkeit geprägt. Deshalb dürfen auch wir heute uns anstecken lassen von Glaubensfreude und Dank, wenn wir gleich gemeinsam singen werden.

„Nun lob mein Seel den Herren“.

Gottes liebevolle Zuwendung zu mir, das Geschenk seiner barmherzigen Gnade, befähigt mich auf dem Weg der Nachfolge zu gehen. Sein Sohn Jesus Christus hat diesen Weg als Licht meines Lebens hell erleuchtet. Amen.

 

Martin Hundertmark, Thomaskirche Leipzig

hundertmark@thomaskirche.org