Motettenansprache
- 11.01.2025
- Jens Sommer
PDF zur Motettenansprache HIER
Lesung: Joh 14,1-6a / Kantate „Ich lasse meinen Jesum nicht"
Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich!
Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten? Wenn ich gegangen bin und einen Platz für euch vorbereitet habe, komme ich wieder und werde euch zu mir holen, damit auch ihr dort seid, wo ich bin. Und wohin ich gehe - den Weg dorthin kennt ihr.
Thomas [ein Jünger] sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie können wir dann den Weg kennen?
Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.
Liebe Motettengemeinde!
Wir sind noch nah an Weihnachten dran:
Das Kind in der Krippe, Hirten und Engel, die sich freuen,
die drei Sterndeuter, die ihm Geschenke bringen.
Warum feiern wir diese Geburt auch noch nach 2000 Jahren?
Weil Menschen, die damals mit Jesus zu tun hatten, der Überzeugung waren:
In diesem Kind sind wir Gott ganz nahe. Er begegnet uns direkt in diesem Menschen.
Diese Menschen - seine Jünger - waren auch davon überzeugt, dass er auferstanden ist,
nachdem er gekreuzigt wurde.
Das mussten sie weitererzählen: In Jesus ist Gott erschienen,
der bereits dem Moses deutlich wurde als der „Ich bin da“.
Moses sollte die Israeliten aus Ägypten holen und das zusammen mit Gott,
mit dem er sich verbunden wusste. Uns wird das in einem Bild erzählt:
Da brennt ein Dornbusch in der Wüste und verbrennt nicht.
Gott offenbart Moses seinen Namen mit „Ich bin da“.
Gott brennt in Moses, aber verbrennt ihn nicht.
Liebe, Beziehung - sie brennt, ist Feuer und Flamme,
leidenschaftlich, aber führt nicht zum Burn-Out, dem Verbrennen.
Nicht umsonst erzählt Johannes uns in der Lesung, dass Jesus dem Thomas sagt:
Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Ich bin! Ich bin der „Ich bin da.“.
Dem Johannes ist klar: Der Gott Israels ist in Jesus Mensch geworden.
Wer also den Weg geht, der Jesus heißt:
Grenzen überschreitend zu Menschen geht, die am Rande der Gesellschaft stehen,
die ausgegrenzt werden - buchstäblich „aus-sätzig“,
der arm den Armen begegnet,
der also ganz im Sinne des „Ich bin da“ brennt und nicht verbrennt:
Das ist die Wahrheit und das Leben.
Das Christentum, das sich ja auf Jesus beruft, ist keine Lehre, die man befolgt
oder eine Ansammlung von Geboten, die unser ohnehin schweres Leben noch schwerer machen,
sondern Beziehung mit Jesus: Brennen, aber nicht verbrennen.
Gott sagt in Jesus: Es gibt Platz bei mir. Jesus sagt: Ihr sollt da sein, wo ich auch bin.
Das will doch Freundschaft und Liebe: Zusammensein, Gemeinschaft, Beziehung.
Das ist eine Einladung an uns. An uns alle.
Und deswegen sind wir eingeladen, auch diesen Weg ohne Grenzen zu gehen.
An Jesus können wir ablesen, was Gott mit den Menschen möchte: Gemeinschaft.
Und weil es Gemeinschaft mit Gott ist, ist sie wie er: für immer.
Liebe möchte nie enden.
Wie viele Liebende akzeptieren die Grenze des Todes für ihre Liebe nicht. Mit Recht.
Gott hat versprochen, dass diese Liebe die Grenze des Todes überwindet und er hat uns das in der Auferstehung Jesu gezeigt, der zu den Jüngern gesagt hat:
Ich gehe, um für euch einen Platz vorzubereiten, weil ich möchte, dass ihr da seid, wo ich bin.
Genau das besingt gleich die Kantate:
„Meinem Jesum („Jesum“ - lateinischer Akkusativ von Jesus) - meinen Jesus lasse ich nicht.“
Das ist eine liebende Beziehung.
Das dichtet einer, der sich eingeladen wusste, mit Jesus Freundschaft und Gemeinschaft zu haben.
Im Rezitativ heißt es:
„Mein Jesus, der an mir so große Dinge tut:
ich kann ja nichts als meinen Leib und Leben ihm zum Geschenke geben.“
Mit Haut und Haaren, ganz.
Da hat einer begriffen: Leib und Leben dem zum Geschenk,
der zum Geschenk macht, dass die Gemeinschaft ewig ist.
In der Liebe gibt es keine halben Sachen.
Fragen Sie die Liebenden.
Auch wenn es dann schwer wird – (Arie - Tenor):
„wenn der dem Fleisch verhasste Tag nur Furcht und Schrecken mit sich führet,
so tröstet sich die Zuversicht: ich lasse meinen Jesum nicht.“
Die Angst ist zwar nicht weg, aber in dieser Beziehung ist sie Trost.
Liebende trösten, ohne dass sie das Schwere direkt wegnehmen können -
aber es lässt sich dann tragen-– gemeinsam.
Liebende lassen nicht voneinander. Ich lasse meinen Jesum nicht.
Damit sind die schwierigen Fragen des Lebens nicht beantwortet:
Warum gibt es Leid, Krankheit, Tod?
Diese Fragen beantwortet auch Jesus den Jüngern nicht.
Er lenkt sie auf die Beziehungsebene:
Gemeinschaft für immer. Durch dick und dünn. Auch wenn 's dicke kommt.
Auch Moses verließ sich auf den „Ich bin da“.
Auf sein DA-Sein. In jeder Not.
Ich bin für dich da - das ist Trost im Jetzt mit der Zusage: Ich verlasse dich nicht.
Nie. Egal, was kommt.
Und dass es Tage gibt, die nur „Furcht und Schrecken mit sich führen“ (Arie - Tenor), das wissen wir.
Und dann besonders: Ich lasse meinen Jesum nicht.
Jens Sommer