Motettenansprache

  • 07.06.2025
  • Superintendent Sebastian Feydt

PDF zur Motettenansprache HIER

Liebe Gäste in der Thomaskirche,

liebe Gemeinde,

wenn Sie vorhin draußen vor der Thomaskirche gefragt worden wären:

Können Sie mir sagen, was Pfingsten ist?

Wie hätten Sie reagiert?

Eher zurückhaltend, vielleicht etwas unsicher?

Weiß nicht so genau...

Oder begeistert, weil sich mit Pfingsten so viel geistvolle Kraft verbindet.

 

Ich finde, es ist an der Zeit, dass wir aufhören zu behaupten:

Pfingsten, das ist so schwer zu greifen,

ohne etwas zum Anfassen wie die Krippe oder das Kreuz. Wir sind Pfingsten über Weihnachten und Ostern hinaus.

Pfingsten heißt: Im Glauben erwachsen zu sein.

Jetzt heißt es anders zu begreifen.

Das Unbegreifbare zu fassen.

Den Heiligen Geist.

Wenn wir Pfingsten vom Heiligen Geist sprechen – und damit verbindet sich dieses Fest am 50. Tag nach dem Ostertag – dann sprechen wir von Gott.

Pfingsten feiern wir Gott, feiern wir das Unbegreifliche, das Unfassbare, das Transzendente – Gottes bewegende Gegenwart in der Gestalt einer geistigen Kraft.

Die Bibel sagt: der heiligen Geistkraft.

Pfingsten ist deshalb kein althergebrachtes kirchliches Fest, Pfingsten ist das dynamischste unter den christlichen Festen.

Es gibt keinen Grund, es im Schatten von Ostern und Weihnachten zu sehen.

Denn Pfingsten feiern wir, dass wir nicht im Ungewissen verharren, nicht müde werden, sondern bewegt sind. Begeistert werden!

Und selbst Geist-reich bleiben können.                          

Weil wir, wie wir es in der Lesung und in der Motette von Johann Sebastian Bach hören konnten, nicht auf uns gestellt zurückbleiben.

Da hieß es, dass Jesus sagt:

Ich will Gott ... bitten, und er wird euch einen anderen Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit. Den Geist der Wahrheit.

Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird, der wird euch alles lehren und euch erinnern, was ich euch gesagt habe.

Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.  

 

Liebe Pfingstgemeinde, das ist Pfingsten:

Verständnis, wie es uns geht.

Persönlich und als Gemeinschaft:

Erschreckte Herzen, verunsicherte Blicke, verstörte Worte.

Es treibt uns doch um, was wir tagtäglich erleben und weltweit wahrnehmen.

Und wer sucht nicht nach einem ethischen Kompass und vor allem nach einer Quelle, aus der ich – und andere – wieder Kraft schöpfen können.

Für die so schwierige Verständigung untereinander, dass wir uns besser verstehen.

Um anzunehmen und umzusetzen, dass das Leben ständig neue Situationen schafft, ich mich verändern muss, neu denken muss...

Das kostet so viel Kraft...

Wo nehme ich die Kraft her, fragen wir:

Pfingsten gibt eine Antwort:

Wir bekommen diese Kraft, diese Energie, diese Dynamis nicht aus uns, nicht von anderen, sondern im Vertrauen in Gott geschenkt.

Weil Gott es vermag seinen Geist, oder besser die - wie es im Hebräischen heißt: ru’ach –

die Geistkraft zur schöpferischen Kraft in uns Menschen werden zu lassen. Uns

Gottes Geistkraft schafft, ermöglicht die neuen Ansätze, verwirklicht durch uns, die wir geistreich wirken.  

Die Geistkraft Gottes löst in und durch uns aus, dass Dinge in Bewegung kommen, dass Festgefahrenes gelöst und schier Unmögliches möglich wird. 

Die Geistkraft Gottes ist aber nicht allein belebend und schöpferisch kreativ:

sie bewirkt eben auch in uns unseren Glauben.

Was für ein Schlüsselmoment für viele!

Im Vertrauen auf die Geistkraft Gottes vermögen wir gegen so manchen Augenschein zu glauben, dass eben nicht alles zu Ende geht, sondern ein neuer Anfang möglich ist.

Das ist eine Form von geistlicher Widerstandskraft gegen die Zeichen der Zeit, die uns allen gut zu Gesicht steht als Christinnen und Christen.

Liebe Pfingst-Gemeinde, sind das nicht die Momente heute, im Alltag, die uns berühren und ansprechen? Wenn der Geist Gottes in uns wirkt und uns berührt, bewegt, und uns wissen und verstehen lässt, was wir vermögen?

(Amen)

Ich lade Sie ein zu beten:

Wir danken Dir, Gott, für den frischen Wind, den dein guter Geist in unser Leben bringt.

Wir brauchen deinen Geist:

Deinen Geist der Freiheit, nicht den Geist der Zwänge.

Den Geist der Unruhe, nicht den Geist der Trägheit,

den Geist der Großzügigkeit, nicht den Geist der Kleinlichkeit.

Den Geist der Aufrichtigkeit, gegen den Geist der Unzuverlässigkeit.

Den Geist der Demut, nicht den Geist der Selbstgenügsamkeit.

Gott, wir brauchen deinen Geist des Friedens.

Gib uns diesen Geist, der uns alle leben lässt.

Amen.

SEGEN