Motettenansprache
- 19.10.2024
- Prädikantin Dr. Almuth Märker
Liebe Motettengemeinde,
„4.100“ - Die Zahl haute mich um: 4.100!!
Es ist einige Wochen her, und es war Gemeindeversammlung hier in St. Thomas. In einem Statement war eine Person davon ausgegangen, dass zu unserer Gemeinde mehr als 5.000 Gemeindeglieder gehörten. Mit steigender Tendenz, wie ich annahm. Doch diese Zahl wurde vom Kirchenvorstand sofort korrigiert: Es seien derzeit 4.100 Getaufte Mitglied der Gemeinde; Tendenz fallend. Diese Information haute mich um: Innerhalb der letzten fünf Jahre war unsere Gemeinde um ein Fünftel, ja fast um ein Viertel geschrumpft.
Droht unsere Kirche langsam, aber stetig unterzugehen? Ist dieses Schiff am Sinken?
Dabei sieht doch alles so gut aus. Schauen Sie sich um im Kirchenschiff: gut besuchte Motetten, supergut besuchte Festgottesdienste, besonders, wenn die Thomaner singen (die zur Zeit in den Herbstferien bei ihren Familien sind); eine Vielzahl von Gruppen und Kreisen von den Kleinsten bis zu den Ältesten, eine Singschule mit Chören, die alle Generationen zum Singen bringen.
Schauen Sie sich um im Kirchenschiff. Ist dieses Schiff am Sinken?
Den Evangelisten Markus hören wir erzählen (Mk. 4, 35-41):
„Und Jesus sprach zu den Jüngern: Lasst uns ans andre Ufer fahren. Und es erhob sich ein großer Windwirbel, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass das Boot schon voll wurde.
Und er war hinten im Boot und schlief auf einem Kissen.“
Das Enkelkind liegt auf seinem Kopfkissen. Scharen von Kuscheltieren umgeben den Wuschelkopf. Sie werden helfen, die Nachtmahre fernzuhalten. Große Augen blicken zur Großmutter empor: „Oma, singen.“ „Was soll ich denn singen?“ „Himmel-sau Lich-tun-blau“
Himmels Au, licht und blau,
wieviel zählst du Sternlein?
Ohne Zahl, sovielmal
sei gelobt der ewige Gott.
Sovielmal.
4.100 sind es noch in unserer Gemeinde.
Sovielmal sei gelobt der ewige Gott. Wird sovielmal der ewige Gott gelobt?
Das Enkelkind liegt auf seinem Kopfkissen.
Den Evangelisten Markus hören wir weiter erzählen:
Und die Jünger weckten jesus auf und sprachen zu ihm: Meister, fragst du nichts danach, dass wir untergehen und umkommen?
Und er stand auf [...] und sprach zu dem Meer: Schweig! Verstumme! Und [...] es ward eine große Stille.
Das Enkelkind liegt auf seinem Kopfkissen.
„Noch eine Strophe.“
Heller Strand voller Sand,
wieviel zählst du Körnlein?
Ohne Zahl, sovielmal
sei gelobt der ewige Gott.
Ich frage mich: Wie soll eigentlich in Zukunft die Arbeit in unserer Gemeinde weitergehen? Wie soll die Vielfalt künftig finanziert werden? Ein Viertel weniger Gemeindeglieder bedeutet auch weniger Geld, das von der Landeskirche zur Verfügung steht. Wie soll das ausgehen?
Den Evangelisten Markus hören wir weiter erzählen:
Und er sprach zu ihnen: Was habt ihr so große Angst? Habt ihr keinen Glauben, könnt ihr nicht vertrauen?
Und die Jünger fürchteten sich sehr.
Das Enkelkind liegt auf seinem Kopfkissen.
„Noch eine Strophe.“
Ewigkeit, lange Zeit.
Wieviel zählst Du Stündlein?
Ohne Zahl, sovielmal
sei gelobt der ewige Gott.
Wer sagt uns eigentlich, dass es mit der Institution Kirche ewig so weitergehen wird? Ewig – ist das überhaupt ein Wort, das für irdische Verhältnisse taugt?
Ewigkeit – das rührt doch an den Glauben und das Danach in meinem Leben!
Ewig – das allein ist doch Gott. Die uns geschaffen hat. Deren Liebe zu uns Menschen unergründlich ist.
Das Enkelkind liegt auf seinem Kopfkissen. Nun ist es eingeschlafen.
4.100 in dieser Gemeinde.
Vielleicht 250 in dieser Motette.
Sovielmal sei gelobt der ewige Gott!
Gleich atmen wir gemeinsam ein, und im Singen vertrauen wir freudig und von Herzensgrund Gott … und lassen unser Loblied schallen [Wochenlied EG 377, 4].
Wird es untergehen, das Kirchenschiff?
[mit erhobenen Armen und fragendem Blick]
Amen?
Prädikantin Dr. Almuth Märker