Motettenansprache
- 07.10.2017
- Pfarrer Hundertmark
Motettenansprache am 07.10.2017, St. Thomas zu Leipzig um 15 Uhr
Liebe Motettengemeinde,
Heinrich Schütz beantwortet musikalisch die Frage nach dem, was uns Frieden geben kann in seiner Motette von 1648 unter den Eindrücken eines schrecklichen Krieges. Nicht katholische oder protestantische Heere, nicht Söldner, Mauern oder Heerlager garantieren Frieden. Dreißig Jahre lang erlebten die Menschen in Europa Angst und Schrecken, Not, Elend und unsagbares Leid. Ein Drittel der damaligen Bevölkerung kam ums Leben. Auch kulturell war das Überleben schwierig. Heinrich Schütz beklagt mehrfach die durch den Krieg eingeschränkten Möglichkeiten, weil schlicht Geld fehlte, um Werke aufführen zu können. Eine ganze Generation kannte nur Krieg. Sehnsucht nach Frieden muss große gewesen sein. Dass dabei das Sicherheitsgefühl der damaligen Bewohner ein anderes gewesen ist als heute, weil eben jene Bedrohungen kein diffuses Gefühl waren, sondern wirklich erlebt wurden, versteht sich weitestgehend von selbst.
Wenn also äußerer Frieden brüchig ist oder schlichtweg nicht mehr erfahrbar war, stellt sich umso drängender die Frage, wo finde ich als Menschenkind Frieden für mich und was bedeutet jener Frieden für mein eigenes Leben? Im altliturgischen „da pacem domine“ stellt sich nicht zuallererst die Frage, was mir äußere Sicherheit gibt, sondern, bei wem finde ich inneren Frieden? Die Antwort lautet „Gott“.
„Verleih uns Frieden genädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Es ist doch ja kein ander nicht, der für uns könnte streiten, denn du, unser Gott, alleine.“
Frieden lässt sich da finden, wo ich mein Vertrauen auf Gott setze, weil er den letzten Kampf, den Kampf um mein Seelenheil ausficht. Da helfen wirklich keine Heere und Söldner, kein Waffenarsenal oder sonstige Sicherheitsvorkehrungen. Wenn es um die letzten Dinge geht, hilft allein glaubendes Vertrauen. Daraus kann eine lebensbejahende Grundhaltung entstehen. Diese wiederum unterstützt und stärkt uns im Bemühen darum, unser Gegenüber zuallererst als Menschen anzusehen. Gelingen wird solches Leben, wo wir uns verinnerlichen, dass Gott den ersten Schritt auf uns Menschen zu machte.
Der Evangelist Johannes formulierte Gottes freudiges Zugehen auf uns zu Beginn seines Evangeliums mit folgenden Worten:
„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.“ (Joh 3,16)
Damit ist Gottes Anliegen offensichtlich. Wir Menschen sollen gerettet werden
- aus dem Bestreben uns selbst für das Maß aller Dinge zu halten
- aus Verstrickungen und Leid, die durch Schuld und Fehler entstehen
- aus dem Verlorensein allein im eigenen Bemühen Glück und Frieden zu finden und
- aus Orientierungslosigkeit, die durch die Angst, etwas verpassen zu können, den Menschen zum Getriebenen macht.
Sein Rettungsprogramm zieht Gott trotz aller menschlichen Widerstände durch. Er gibt nicht auf. Er gibt uns nicht auf. Geben wir also darauf Acht, dass wir Gottes Angebot nicht aus den Augen verlieren. Durch Jesus Christus, durch seine Menschwerdung, hat Gott Frieden gemacht zwischen ihm und uns. Wo also der Mensch im Frieden mit Gott und sich selbst lebt, wird dieser Friede an Strahlkraft gewinnen und auf Andere wirken können. Wer aber aus Selbsthass sich das Leben verbittert, der wird seine Umgebung auch nur durch diese vernebelte Brille wahrnehmen können.
Noch einmal: da pacem domine
In Zeiten, da Frieden zwischen Generationen oder zwischen denen, die schon immer hier waren und denen, die hinzugekommen sind zunehmend brüchig wird, lohnt sich der Blick auf eben jenen Gott, zu dem wir bitten dürfen: Schenke Du uns Frieden.
Angesichts der schlimmen Tragödie von Las Vegas, gewinnt die Bitte um Frieden eine noch viel tiefere Dimension. Warum so etwas Schreckliches geschehen kann, darauf werden wir schwerlich Antworten finden.
Eine Gesellschaft, die zunehmend auseinandertriftet, weil Ressourcen an Bildung, Macht, Geld, Zuwendung oder Verständnis unfair verteilt sind, muss gut darauf achten, dass die negativen Gefühle nicht die Oberhand gewinnen. Wer sich von Zorn und Protest den Lebensweg bauen lässt, mit dem ist ein gedeihliches Zusammenleben auf Dauer nur schwer möglich. Bauen wir unsere Lebenswege lieber auf das Fundament eines Christus, der uns zu allererst mit Liebe und Achtung begegnet, damit Zusammenleben gelingen kann. Mit dem Choralvers des nun folgenden Liedes wird klar, wo ich dafür Orientierung und Halt finde.
„Meins Herzens Kron, mein Freudensonn /
sollst du, Herr Jesu, bleiben; /
lass mich doch nicht von deinem Licht /
durch Eitelkeit vertreiben; /
bleib du mein Preis, dein Wort mich speis, /
bleib du mein Ehr, dein Wort mich lehr, /
an dich stets fest zu glauben.“ Amen.
Gebet
Herr Jesus Christus, wir bitten Dich für deine noch nicht erlöste und unfriedliche Welt, die große unüberschaubare wie auch die uns umgebenden kleine Welt.
Stärke uns, damit Friede gelingen kann. Öffne Augen und Ohren, damit wir wahrnehmen, wo unser Platz ist, Frieden zu schaffen. Dafür schenke uns immer wieder deine Liebe. Wir rufen zu Dir: Vater unser im Himmel...