Gedanken zum Tag
- 23.04.2020
- Landesbischof i. R. Christoph Kähler
Sankt Georg
In kirchlichen Kalendern steht heute der Name des Märtyrers Georg. Er soll sich als römischer Offizier zum Christentum bekehrt haben, was er mit dem tapfer ertragenen Märtyrertod bezahlte. Bis heute verehren besonders Soldaten vieler Länder St. Georg und haben in seinem Namen Ritterorden gebildet. Das kann man verstehen. Doch wie kommt ausgerechnet das Städtische Klinikum in Leipzig zu seinem Namen St. Georg? Es hat ja gewiss nichts mit Waffengewalt und Totschlag zu tun, sondern soll im Gegenteil wo immer möglich Leben retten und nun in unserer Stadt den Kampf gegen das Corona-Virus gewinnen helfen.
Die Erklärung dafür, dass der heilige Georg heute noch nach über 800 Jahren als Namenspatron des städtischen Hospitals dient, ergibt sich aus einer alten Geschichte. Der Ritter soll eine Stadt in höchster Not vor einem Drachen bewahrt haben, der mit seinem giftigen Atem die Luft verpestete. Zunächst traf es nur Tiere, die ihm geopfert wurden. Doch dann forderte er Menschenopfer. Alljährlich wollte der Drache ein junges, unschuldiges Mädchen zum Fraß haben; am Ende traf das Los auch das einzige Kind des Königs. Der weigerte sich lange, seine Tochter zu opfern, musste aber schließlich nachgeben. Doch Ritter Georg schaffte es, den Drachen zu besiegen und die Königstochter wie die ganze Stadt von dem schwefligen Gift zu befreien.
Soweit die Legende. Die hatte jedoch sehr konkrete Folgen. Es waren diese christlichen Ritter, die sich der Pest, der Cholera und anderen verheerenden Krankheiten stellten und die organisatorische Grundlage für eine möglichst gute Krankenversorgung schufen. Georg war ihr Schutzpatron und ihre Hospitäler waren der Beginn systematischer Krankenbehandlung – damals natürlich mit dürftigen Mitteln. Wie wir jetzt lernen, wird es aber immer wieder unbekannte Krankheiten und neue Epidemien geben, deren Bekämpfung erst tastend und allmählich gelingt. Der Ritter Georg ist seit vielen hundert Jahren das Symbol für diesen Kampf gegen die „Pest, die im Finstern schleicht, und die Seuche, die am Mittag Verderben bringt“ (Psalm 91,6). Die Fürsorge für die Kranken und der Schutz der Gesunden bedürfen des gemeinsamen Kampfes, der gegenseitigen Unterstützung und der freundlichen Ermutigung, um im Namen Gottes den Drachen zu überwinden.
(Bild: August Macke, Heiliger Georg, 1912)