Gedanken zum Tag
- 20.03.2020
- Pfarrerin Jutta Michael
Freitag, 20. März 2020
Vor einer Woche wurde bereits ernsthaft darüber beraten, ob und wann Kitas und Schulen schließen sollen. Manche fanden das übereilt und aktionistisch. Nun wissen wir: Es war eine kluge Entscheidung. Aber täglich treffen neue Nachrichten ein. Was wird noch alles kommen, so fragen wir uns, nachdem nun auch in großem Format das öffentliche Leben eingeschränkt ist. Dass niemand diese Frage beantworten kann, erhöht die Unsicherheit. Vielleicht haben Sie auch jemanden um sich, der in solchen Situationen Kräfte und Ideen entwickelt, dass man nur so staunt.
Für heute wird uns ein Bibelvers von Paulus mitgegeben. Darin schreibt der Apostel von genau dieser Situation der Angst und Hilflosigkeit und davon, wie ihm genau dann Kräfte zuwachsen. So heißt es im Brief an die Gemeinde in Korinth: „Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“ 2.Korinther 12,10 |
Was wie Schwäche und Hilflosigkeit aussieht, erweist sich als Stärke. Ist es nicht gerade so? Die Umkehrung alles Gewesenen, auf null gestellt, zur Distanz gezwungen: Echte Nähe wird möglich, unverstellt, zugewandt und solidarisch. Möglichkeitsräume eröffnen sich. Die so oft schlecht gemachte und ungeliebte digitale Welt hilft zu arbeiten, zu kommunizieren, Freud und Leid zu teilen. Spaziergänge werden wieder genüsslich zelebriert, der Garten, der Balkon: Überall macht sich die geschenkte Zeit bemerkbar. Verborgene Kräfte machen es möglich, dass wir die Gefahr nicht ignorieren, ihr aber Mut und Vertrauen entgegensetzen. Im für heute ausgelosten Text aus dem Alten Testament klingt das so: „Der Herr deckt mich in seiner Hütte zur bösen Zeit, er birgt mich im Schutz seines Zeltes.“ Psalm 27,5 |
Ja es gibt böse Zeit, ja, es ist bedrängend, beängstigend, was uns geschieht und nein, wir haben es nicht im Griff. Aber diese Perspektive ist nicht die letzte. Sie mobilisiert uns, einander nicht aus dem Blick zu verlieren. Wen könnte es jetzt noch hart getroffen haben? Wer braucht meine Hilfe? Wen muss ich mit in Gottes bergendes Zelt nehmen?
Pfarrerin Jutta Michael
michael.jutta@gmx.de