Einführungsansprache
- 31.10.2025 , Reformationstag
- Superintendent Sebastian Feydt
PDF zur Einführungsansprache HIER
Liebe Familie Hoenen, liebe Frau Werner Hoenen, lieber Pfarrer Dr. Hoenen, liebe Gemeinde!
„Jetzt wird es aber auch mal Zeit, dass der neue Pfarrer anfängt“ – so war es in letzter Zeit zu hören. Und zu Recht! Hier herrscht eine große Freude und ganz viele Menschen in der Thomasgemeinde und in der Stadt Leipzig erwarten Sie, lieber Herr Hoenen, als neuen Thomaspfarrer. Viel zu lange war die Pfarrstelle, die bis zu ihrem krankheitsbedingten Wechsel in den vorzeitigen Ruhestand Pfrn. Britta Taddiken inne hatte – viel zu lange war diese Stelle unbesetzt.
Aber das Warten hat jetzt ein Ende – und die Erwartungen an Sie verbinden sich von heute an für Sie mit Gesichtern, mit konkreten Namen, mit Adressen. Das macht diese Kirchgemeinde St. Thomas zu einem geistlichen Schatz: dass hier so viele Menschen mit ganz unterschiedlichen biographischen Hintergründen unter diesem weit aufgespannten Kirchendach ihre geistliche Heimat haben. Längst nicht alle wohnen nah zur Thomaskirche, es sind nicht alle Bach-Expertinnen und Experten, manche werden es hier. Längst nicht alle sind getauft und hier geführt. Aber gerade das macht den Reichtum einer solchen Stadtkirche, einer Kirche mitten in der Stadt aus: dass sich hier Leipzig und die Welt treffen, eine lokale und eine globale Perspektive zueinander finden.
Die Thomaskirche ist Kirche mitten in der Welt - und sie ist Kirche für die ganze Welt.
Für die Vertrauten und hoch engagierten Gemeindeglieder ist das mitunter herausfordernd – und für die Gäste und Freunde und Touristen aus aller Welt ist es anspruchsvoll. Eine Gemeindekirche mit Weltbedeutung. Aber gerade inmitten dieser Spannung zwischen Kirche bei Gelegenheit für die mobile Gesellschaft und Ort des Gebetes und des Gesangs, des Gottes-Dienstes vor Ort leitet sich der Auftrag ab. Sie, lieber Herr Hoenen, werden ihn zusammen mit dem Team aus haupt- und ehrenamtlich Mitwirkenden aufnehmen:
Mit Wort und Musik einen Resonanzraum – nicht nur hier im Sakralraum, sondern auch im Herzensraum der Menschen, die hier her kommen, zu eröffnen. Mit den Ihnen von Gott geschenkten Gaben und Worten, mit Ihrem internationalen Erfahrungsschatz in uns zum Klingen zu bringen, das tröstlich und stärkend wirkt, mich aufrichtet, mich orientiert und mein Vertrauen in Gott belastbar und sicher hält.
Die Anforderungen an das Leben in der Stadt, an das Zusammenleben als Gesellschaft in unserer Stadt nehmen rasant zu. Diskutieren wir weniger über das Stadtbild, als über ein respektvolles und mitmenschliches Zusammenleben in der Stadt.
Wir brauchen deshalb alle in der Mitte der Stadt, in der Mitte der Gesellschaft die geistliche Orientierung, die in der Reformation geschärft worden ist:
Keine Angst zu haben. Vor allem keine Angst vor der Freiheit. Meine Bindung an Gott lässt mich frei und menschenfreundlich bleiben.
Der Bildung Raum zu geben. Diese Kirche ist eine Schule des Glaubens und der musica sacra sonders gleichen.
Und nicht zuletzt: Verantwortung zu übernehmen. Für mich und mein Leben. Für Andere, die mich brauchen. Für die Belange der Gemeinschaft, für das Beste der Stadt.
Sich einzumischen und zu engagieren, wo nötig zu kritisieren und gleichzeitig lösungsorientiert mitzuwirken, für das Gemeinwohl sich einzusetzen. Das gute Miteinander der Menschen in dieser Stadt zu befördern.
Liebe Gemeinde, niemand vermag diesen starken Zu-Mutungen des Glaubens aus sich heraus gerecht werden. Der Thomaspfarrer nicht, Sie nicht, ich nicht.
Aber wir alle – Sie lieber Herr Hoenen eingeschossen – können mit offenen Ohren und Herzen und mit klarem Verstand wahrnehmen, was uns zugesagt ist: Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.
Im Brief des Paulus an die Gemeinde in Philippi findet sich diese verheißungsvolle Gewissheit. Seit Ihrer Konfirmation, als Sie sich diesen Satz als Konfirmationsspruch ausgewählt haben, begleitet Sie diese Zusage.
In allen Stationen Ihres bisherigen Wirkens als Pfarrer, als Seelsorger, als Lehrender, in Leitungsverantwortung, als Prediger, als Beter ebenso wie als Verwalter, als Stifter und Bewahrer.
In ihrem Dienst als erster Pfarrer der Thomasgemeinde werden Sie in den vielfältigen Bereichen der Gemeinde und der mit ihr verbundenen Einrichtungen, Vereinen, Stiftungen und Institutionen – allen voran dem Thomanerchor – aus dieser Zusage heraus wirken können:
Dass es der Ihnen geschenkte Friede Gottes ist, der Ihr Herz und Ihren Sinn bewahren wird in Christus Jesus.
Das ist kein Wunsch, der am Ende steht. Das ist die Zusage, aus der heraus für Sie alles seinen Anfang nimmt.
Heute hier in St. Thomas, morgen im regionalen Gemeindeverbund, und jeden Tag neu inmitten unserer Stadt.
Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, wird Ihr Herz und Ihre Sinne bewahren in Christus Jesus.