Besinnung am Wochenende am 8. Juli 2017

  • 08.07.2017
  • Prädikantin Dr. Almuth Märker

„Von der Freiheit eines Christenmenschen" (§ 6 und 18)Wie Christus nahe bringen?

Liebe Sommergemeinde in der Lutherkirche,
schön, dass Sie gekommen sind. Die Besinnung in der Lutherkirche - die meisten kennen das - bietet alljährlich einen geistlichen und gedanklichen Rahmen, in dem die einzelnen Andachten stehen. In diesem Jahr ist es Luthers Freiheitsschrift. Von der Freiheit eines Christenmenschen beschreibt, wie wir als Christinnen und Christen freier Herr, niemandem untertan UND dienstbarer Knecht, jedermann untertan sind. Und das gleichzeitig.

Heute ist es die 3. Andacht in diesem Rahmen; das Thema ist eine Frage: „Wie Christus nahe bringen?" - Wie können wir Christus nahe bringen?

'Ich bringe dir Christus nahe.' Wie soll das gehen?
Schnitze ich ein kleines Kruzifix aus Holz und überreiche es Dir? Nein, so nicht! So ist nahe bringen nicht gemeint!
Christus wird durch das Wort nahe gebracht. Das ist das Erste. [Das Zweite: Christus wird durch das Tun, durch unser Handeln nahe gebracht. Davon wird bei anderer Gelegenheit die Rede sein.] Das Wort, durch das wir von Christus erfahren, ist das Evangelium. Wo das Evangelium verkündigt wird, da wird Christus gepredigt. Und über die Predigt wird uns Christus nahe gebracht, ja man kann sagen: In der Predigt kommt uns Christus nahe.

Luther spricht aber in seiner Freiheitsschrift auch eine Warnung aus. Er fordert dazu auf: Predigt Christi Leben und Werk nicht oberflächlich, nicht wie eine Historiengeschichte! Sondern predigt es so, dass mir und Dir der Glaube daraus erwachse und erhalten werde.

Ein Beispiel:
Lasst uns nicht dabei stehen bleiben zu erzählen, wie Christus zum Staunen aller einen Aussätzigen heilt. Das wäre die bloße Geschichte. Sondern lasst uns auch davon erzählen, wie dieser Mensch befreit wird: nicht nur von einer schrecklichen, bizarren Krankheit. Sondern auch, wie dieser Mensch frei davon wird, von Menschen und vermeintlich von Gott verstoßen zu sein; frei von Schuld und Strafe.

Nicht nur oberflächlich predigen - wie Luther es will - geht immer ein Stück, geht immer das entscheidende Stück weiter. Dieses Predigen geht zunächst aus von der wortwörtlichen Erzählung dessen, was passiert ist. Und geht dann weiter und kommt dahin, was dies für unser Leben bedeutet.
Das Wirken Christi - wenn er Wasser zu Wein wandelt, wenn er Kranke heilt, wenn er von Gott redet, wenn er Tausende satt macht - hat immer eine irdische, eine historische Dimension: Menschen können sehen, können ein Fest feiern, kommen ins Nachdenken, gehen ohne Magenknurren nach Hause.
Und daneben hat Christi Wirken auch immer eine himmlische, eine weiterführende - man könnte sagen, eine emporführende - Dimension: Wir als Menschen sind von Gott geliebt, wir sind von ihm geschaffen, er hält uns in der Hand, Gott hat uns ein für alle mal in Gnaden angenommen.

Das Evangelium predigen macht, dass wir uns aufrichten können. Aus einem verkrümmten, innerlich durch Schuldgefühle verkrüppelten Menschen wird ein aufrechter Mann, eine tanzende Frau, ein fröhliches Kind.

Lasst uns fröhliche Kinder sein durch das Evangelium!
An eines möchte ich erinnern. Wenn wir das Evangelium predigen, so bringen wir auch nahe, woher Christus kommt, auf welches Handeln Gottes er sich beruft, was seine geistlichen Wurzeln sind. Das Evangelium predigen, heißt auch: das Alte Testament predigen, die Väter- und Müttergeschichten, die Psalmen, die Propheten.

Luther erinnert daran, dass wir selbst ja teilhaben an den Würdenämtern des Evangliums. Wir selbst sind Königinnen, wir selbst sind Priester. Alle Gläubigen sind dazu berufen, das Evangelium zu verkünden und mit Glauben zu füllen.

Was nützt uns das?
Das Wort Gottes gibt uns festen Grund, auf dem wir frei sein können. Luther: Das Herz lernt dadurch, der Sünde (dem Von-Gott-getrennt-leben) und dem Tod (ins Nichts verschlungen zu werden) Trotz zu bieten und zu rufen: „Tod, wo ist dein Spieß?"

Lasst und beten:

Danke Gott, dass Du besondere Worte für uns bereit hast. Durch das Evangelium redest anders mit uns, als Menschen es tun.

Danke Gott, dass die Worte des Evangeliums immer einen doppelten Boden haben, dass Du uns immer mehr dadurch sagen willst, als bloß eine Geschichte erzählen.

Gib uns selbst ein lauschendes Herz, damit wir das verstehen, was Dein Wort für uns bereit hält: eine Botschaft, die froh macht. Froh froh froh!!

Gib uns Botinnen und Boten, die dafür geschickt sind, Dein Wort zu predigen.

Gib, dass wir selbst unsere Scheu ablegen, Dein Wort zu predigen. Auch wir sind Priester und Priesterinnen, auch wir können predigen, und sei es bei ganz kleinen alltäglichen Gelegenheiten.

Danke, Gott, dass wir dem Tod trotzen können. Gib uns Deinen Mut, gib uns Deinen Trost dafür.

Amen

Dr. Almuth Märker